“Zeit der Schmetterlinge”

NABU Köln startet Mitmach-Aktion

03.05.2019      Den Schmetterlingen helfen, in Köln zu überleben - das ist der Sinn einer Kampagne, die der NABU Stadtverband Köln jetzt startet. Kölner Bürgerinnen und Bürger sollen gezielt informiert und angeregt werden, Gärten und Balkone so zu bepflanzen, dass Schmetterlinge ebenso wie Bienen und andere Insekten mehr Nektar in der Stadt finden.

 

„Wir verzeichnen seit Jahren einen dramatischen Rückgang vieler Schmetterlingsarten“, so Horst Bertram, Vorsitzender des NABU Köln, „und wir wissen, dass eine Hauptursache in der Landwirtschaft liegt. Aber wir können nicht nur auf das schauen, was vor den Toren der Stadt geschieht, wir müssen auch innerhalb Kölns reagieren.“ Unterstützt wird diese Aktion vom Umweltamt der Stadt Köln und der NABU-Naturschutzstation Leverkusen-Köln.

Ab Mitte Juni findet begleitend ein großer Fotowettbewerb statt, bei dem Kölnerinnen und Kölner ihre schönsten Fotos von Schmetterlingen aus der Region einreichen können. Die drei schönsten Fotos werden von einer Jury prämiert und in dem neuen Naturkalender für 2020 des Umweltamtes der Stadt Köln veröffentlicht. Neben vielerlei Erfahrungen mit der Welt der Schmetterlinge gibt es Sach- und Geldpreise zu gewinnen. Schirmherrin des Wettbewerbs ist Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker.

Das Projekt:

Das Kölner Projekt unterstützt und begleitet die vom NABU-NRW durchgeführte landesweite Zählaktion

„Zeit der Schmetterlinge“.

Der Fotowettbewerb findet parallel zur Zählaktion statt (15.06. bis 15.07.). Vorher und währenddessen werden mit unterschiedlichen Partnern Info-Veranstaltungen durchgeführt. Das Ziel: den Bürgern dieser Stadt einfache Handreichungen anbieten, wie sie selbst auch mit wenig Mitteln etwas für Schmetterlinge (und andere Insekten) tun können, ob im Garten oder auf dem Balkon. Und ihnen die kleinen und großen Geheimnisse dieser zauberhaften Tiere erklären.

Auch Schulen und Kitas können mitmachen. Der NABU-Landesverband schickt ab sofort allen interessierten Schulen und Kitas gratis Info-Material samt geeignetem Saatgut (für insektenfreundliche Pflanzen). Infos dazu im Internet:  www.schmetterlingszeit.de

 Das Ziel:

Werden die Kölner es schaffen, dass ihre Stadt eine bessere Heimat für Schmetterlinge sein kann?

Für den NABU Stadtverband Köln wird der Insektenschutz ein Schwerpunkt der aktuellen Naturschutzarbeiten sein. „Zeit der Schmetterlinge“ ist damit auch ein Startschuss für naturnahes, nachhaltiges Gärtnern auf Balkonen, in Haus- und Kleingärten sowie der Schaffung von Blühwiesen in Kölner Grünanlagen.

Text: th, Bilder: Anne-Marie Kölbach


Artenschwund: jetzt trifft es auch die "Unsterblichen"

Er weiß sogar alles über das Liebesleben der Schmetterlinge (dazu demnächst mehr). Karl-Heinz Jelinek ist beim NABU NRW der erste Ansprechpartner in Sachen Schmetterlinge. Seit über 30 Jahren beobachtet und erforscht er Tag- und Nachtfalter.

 

 

NABU Köln: Wie ist es denn bestellt um unsere Schmetterlinge?

 

Jelinek: Einige heimische Arten, die hohe Ansprüche an ihre Umgebung haben, sind fast oder auch schon ganz verschwunden. Hier in der niederrheinischen Bucht haben wir einen deutlichen Artenschwund - aber noch viel drastischer einen Verlust an Individuen. Beispiel: „Schornsteinfeger“, ein Tagfalter. In den 1990ern habe ich bei einem Spaziergang nicht selten an die 150 Schornsteinfeger gezählt - da zähle ich heute nur 50 Exemplare oder noch weniger. Solche dramatischen Rückgänge gibt es bei vielen Schmetterlings-Arten.

 

Was sind die Ursachen?

 

Jelinek: Sie finden zu wenig Blumen. Wenn die Falter sich fortpflanzen, dann brauchen die Weibchen genug Kraft, um Eier abzulegen. Sie brauchen Energie, um von Pflanze zu Pflanze zu fliegen. Die Energie steckt in den Blüten, im Nektar. Und wenn es an Blumen mangelt, fehlt es an Energie. Schmetterlinge, Bienen, Schwebfliegen - sie alle leben vom Nektar. Wenn es davon für alle zu wenig gibt, dann fällt am Ende irgendwer hinten runter; der stirbt auch nicht gleich, aber statt 300 Eier legt das Schmetterlingsweibchen irgendwann nur noch 200, und irgendwann vielleicht auch nur noch 100. Und kommt mal ein schlechtes Jahr dazwischen, dann werden es so wenige Falter, dass dann vielleicht auch mal etwas komplett zusammenbricht.

 

Liegt das an der Agrar-Industrie?

 

Jelinek: Ja, sicher. Aber der Stickstoff, der auf den Boden rieselt, der kommt auch vom Autoverkehr, von den Abgasen aus den Heizungsanlagen, aus der Industrie. Ich beobachte das auch an Stellen, die weit weg sind von landwirtschaftlichen Flächen. Mitten in Wäldern, wo vor 25 Jahren auf den Lichtungen schöne Blütenpflanzen waren, wachsen heute nur noch Brennnesseln, hüfthoch. Und auf vielen Wiesen breitet sich der Löwenzahn aus. Sieht auf den ersten Blick nett aus, sicherlich, aber der Löwenzahn ist ein Indikator dafür, dass es nicht zum Besten bestellt ist mit dem Boden. Der Stickstoff wirkt wie ein Übermaß an Dünger. Wo der Löwenzahn ist, können wertvolle Blütenpflanzen nicht mehr überleben

 

Kann ich als einzelner Mensch da überhaupt noch etwas ausrichten? Ist das Pflanzen von ein paar Blumen nicht sogar noch weniger als ein Tropfen auf dem heißen Stein?

 

Jelinek: Wir können in der Stadt nicht den Arten helfen, die sowieso nicht in der Stadt vorkommen. Man darf das also nicht als Allheilmittel betrachten, wenn man selber im Garten oder auf dem Balkon etwas Sinnvolles anpflanzt. Aber für alle geflügelten Mitbewohner in der Stadt ist es enorm wichtig. Es hilft auf jeden Fall. Wenn in unseren Gärten, auf unseren Balkonen nektar-reiche Blüten sind, finden die Falter ebenso wie Wildbienen und andere Insekten Energie zum eigenen Überleben und für den Fortbestand ihrer Art. Wenn dann noch die Stadtverwaltungen mehr Blühwiesen anlegen würden statt quasi tote Grasflächen, wäre das ein echter Fortschritt. Und daran denken: Raupen sind Schmetterlings-Kinder. Auch wenn einige Gärtner Raupen als Feinde ansehen - sie gehören ebenfalls zu einer intakten Natur. Ohne Raupen keine Schmetterlinge. Überhaupt: Wie aus einer Raupe ein Schmetterling wird, das ist doch ein faszinierendes Wunder der Natur.

 

Im Mittelalter hielten die Menschen Schmetterlinge für Zauberwesen, für kleine Hexen.

 

Jelinek: Nicht zuletzt galt der Schmetterling ja schon früh auch als Symbol für Wiederauferstehung, als Symbol für Unsterblichkeit. Und jetzt, in unserer Zeit, wo so vieles in der Natur verschwindet - da trifft es auch die Unsterblichen. Schon ziemlich traurig, das alles.

©  Text und Bild: th