Wenn man sich die versiegelten Verkehrsflächen, Parkplätze und Gebäude für einen Moment wegdenkt, sieht man ein ganz anderes Köln vor sich: ein überraschend großes und buntes Mosaik aus
verschiedensten Flächen, in denen unzählige Pflanzen und Tiere leben. Von den klassischen Parkanlagen und den großen Kölner Grünzügen, über die Flickenteppiche aus Kleingartenanlagen und
Privatgärten, bis hin zu den großen prall mit Leben gefüllten Industriebrachen erstreckt sich eine schillernde urbane Matrix an unterschiedlichsten Lebensräumen über die Stadtfläche.
An diese schließen sich vor allem in den Außenstadtbereichen weitere Landschaftsbestandteile an: aufgegebene Kiesgruben, ehemalige Deponien, Streuobstwiesen, Waldgebiete wie der Thielenbruch oder
der Königsforst, oder die weitläufige Flusslandschaft der Rheinauen. Sie alle stellen keine unberührten oder in irgendeiner Weise ursprünglichen Ökosysteme dar, aber viele von ihnen sind von
einzigartigem Wert für den lokalen Naturhaushalt und den Erhalt vieler seltener und konkurrenzschwacher Tier- und Pflanzenarten. Aus diesem Grund sind 23 dieser Gebiete in Köln als
Naturschutzgebiete ausgewiesen worden, viele weitere haben den Status von Landschaftsschutzgebieten erhalten.
Der NABU Köln beteiligt sich an der Pflege einiger dieser besonderen Lebensräume, und entwickelt an manchen Stellen neue Orte der Vielfalt. Auf den folgenden Seiten stellen wir unsere Einsatzorte
vor und schildern, was wir dort in Sachen Naturschutz bewegen.
Dass die Bonner mit der Düne Tannenbusch einen ganz besonderen Lebensraum in ihrem Stadtgebiet haben, ist weithin bekannt. Was hingegen nur wenige wissen: Auch in Köln haben wir so ein
erdgeschichtliches „Schätzchen“ direkt vor der Haustür. Die Embergdüne ist aus nacheiszeitlichen Verwehungen der Rheinsande entstanden und zieht sich südlich des Dünnwalds als Teil der
rechtsrheinischen Heideterrassen durch das Kölner Stadtgebiet. Von der einstigen Sanddüne ist heute freilich nicht mehr viel zu sehen: Von einer Bahnlinie zerschnitten und teilweise aufgeforstet
existieren von den wertvollen Lebensräumen der Sandmagerrasen nur noch kleine Teilflächen.
Die nördliche dieser Reliktflächen befindet sich am Rande des NSG Am Grünen Kuhweg und wird seit diesem Jahr vom NABU Köln gepflegt. Auf einem sanft nach Süden abfallenden Hang-bereich finden
sich schütter bewachsene Rasen aus den Pflanzengesellschaften der Sandmagerrasen. Neben bestandsbildenden Gräsern wie Rotem Straußgras (Agrostis capillaris), das im Sommer zur Blütezeit einen
rötlichen Schimmer über die Fläche legt, wachsen hier selten gewordene Pflanzen der Sandlebensräume wie etwa der Hasen-Klee (Trifolium arvense) mit flauschigen Blütenständen aus kleinen
„Hasenpfoten“, das himmelblaue BergSandglöckchen (Jasione montana) oder der Kleine Vogelfuß (Ornithopus perpusillus), dessen Fruchtschoten tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Vogelfuß
haben. Tierfreunde freuen sich über Beobachtungen von Kreuzkröte (Epidalea calamita) und Zauneidechse (Lacerta agilis), und auch bei den Insekten findet sich so manche Rarität, etwa die hübsche
Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens).
Bei unseren Pflegeeinsätzen dreht sich alles darum, diese Trockenrasenstandorte offen zu halten und überschüssige Nährstoffe zu entnehmen. Dazu werden die Sandtrockenrasen jährlich von uns gemäht
und das Mahdgut von der Fläche geharkt und abgefahren. Darüber hinaus müssen Brombeeren und auf die Fläche einwandernde Gebüsche zurückgenommen werden, damit die Offenlandfläche nicht Jahr für
Jahr kleiner wird. Bei all diesen Tätigkeiten sind nicht nur zupackende Hände gefragt, sondern auch ein sensibles Vorgehen, damit die Eigelege der Zauneidechsen nicht versehentlich zertreten
werden. Vom Parkplätzen und Tümpeln
An den Sandmagerrasen grenzt – typisch Stadt – jäh ein ehemaliger Parkplatz mit versiegelten Bodenflächen. Diese haben sich im Laufe der Jahre wellig verformt und es sind kleine Tümpel
entstanden, die den Amphibienbeständen vor Ort als Laichplätze dienen. Auch dieser Bereich wird von unserem Pflegeteam jährlich von Bäumen und Sträuchern befreit. Auch hier sorgt das Offenhalten
dafür, dass zahlreiche Lebewesen der Offenstandorte nicht ihren Lebensraum verlieren.
Kleinod in der Grube
Ein grauer Tag Anfang Februar: etwas verloren steht das Grüppchen NABU-Aktiver vor einer steilen Wand aus quartären Kies- und Sandschichten. Weite Teppiche aus Brombeerranken überziehen die
Hangfläche, unentwirrbares Zeugnis des lautlosen Stickstoffregens, der alltäglich über Deutschland niedergeht. Das Grüppchen wird in den kommenden Stunden Ranke um Ranke entfernen und den
Steilhang wieder als Rohbodenfläche herrichten.
Von der nahen A59 wehen die Geräusche vorbeisausender Autos herüber. Unverkennbar: Wir sind in Köln. Unberührte Natur findet sich hier nicht versteckt hinter sieben Bergen, sondern eingezwängt in
den Großstadtdschungel: in diesem Fall zwischen Golfclub, Sportanlagen und reliktäre Ackerflächen. Und unberührt ist sie schon gar nicht: Was der Erde abgerungen wurde, ist zumindest in der
Negativen noch klar sichtbar: das 5 Hektar große Gelände liegt deutlich unterhalb der Geländelinie, hoch türmen sich ringsum die Ränder der Grube auf.
Die Kiesgrube Wahn ist im Landschaftsplan der Stadt Köln unter der Bezeichnung N14 NSG „Kiesgrube Wahn“ geführt, und damit eines von mittlerweile 23 Kölner Naturschutzgebieten (NSG). Seit letztem
Jahr hat der NABU Köln die anstehenden Pflegearbeiten übernommen. Die wesentliche Aufgabe besteht darin, die Grubensohle freizuhalten und den starken Aufwuchs von Gräsern und Baumschösslingen zu
regulieren. Damit wird erreicht, dass Offenland mit hohen Rohbödenanteilen und einem vielfältig strukturierten Feuchtgebiet entsteht.
Im ersten Einsatz im letzten Jahr ging es dabei gleich ans Eingemachte bzw. ins Wasser: in stylischen Wathosen entfernten wir Birkenjungwuchs aus den Uferbereichen der beiden Temporärgewässer.
Ein aufkommender Birkenwald hätte eine zunehmende Beschattung und Verlandung der Gewässer bedeutet – und der dort vorkommenden Großen Teichmuschel vermutlich wenig gefallen. Anfang Februar diesen
Jahres folgte dann mit der Entbuschung (oder besser Entrankung) der Steilhänge sogleich der zweite Streich. Die bodennistenden Wildbienen hörten wir dabei förmlich Beifall summen.
Statt unberührter Natur gibt’s in der Kiesgrube Wahn für freiwillige Helfer allerhand zu tun: Aktives Habitatmanagement statt Wachsen lassen. Und die Erfolge können sich sehen lassen. Die so
erhaltenen Lebensräume in der Kiesgrube sind bestens geeignet für viele Vogelarten (Nachtigall!), Libellen, Amphibien sowie Insekten und Pflanzen der offenen Rohbodenflächen.
Aufgrund ihrer geringen Größe ist die Kiesgrube eingezäunt und verschlossen. Ein Betretungsverbot sorgt dafür, dass auch störungsempfindliche Arten die Kiesgrube als Lebensraum nutzen können. Für
unsere Mitglieder ist das natürlich nur ein weiterer Ansporn, bei der Pflege mitzuhelfen: Schließlich winkt ein exklusiver Zugang zu einem der spannendsten Kölner Naturparadiese.