Landwirtschaft

Foto: Volker Unterladstetter
Foto: Volker Unterladstetter

Die heutige Artenvielfalt ist durch die Landwirtschaft entstanden
Der größte Teil unseres Naturraums bestand aus Wäldern, bevor wir Menschen mit Viehzucht und Ackerbau begonnen haben. Damit entstanden viele neue, je nach Untergrund und Feuchtigkeit unterschiedliche Offenland-Lebensräume: Weiden, Äcker, Wiesen, Raine, Steinsammelhaufen, Hecken, Waldränder, Ufersäume usw. Viele, auch viele neue Lebewesen, konnten sich in diesen neu geschaffenen Lebensräumen entfalten, entwickeln und ansiedeln.
Markt und Landwirtschaft
Es ist noch nicht lange her, dass man bei uns der Überzeugung war, dass die Landwirtschaft keine Industrie ist und mit besonderen Regeln gefördert und geschützt werden muss. Abnahme- und Preis-Garantien ermöglichten den Landwirten ein angemessenes Einkommen ohne Zukunftssorgen. Heute sind sie dem „freien Markt“ ausgesetzt, der ihr Einkommen ohne jede Berücksichtigung ihrer Leistung und der notwendigen Investitionen bestimmt.
Die Folge ist eine „industrialisierte“ Landwirtschaft unter ständigem Druck, mehr zu produzieren und große Summen in Rationalisierung zu investieren, um mit weniger Mitarbeitern  immer mehr zu produzieren.
Die Natur leidet unter der „modernen“ Landwirtschaft
Einige Beispiele:
– Die vielfache Silage-Mahd, bevor Pflanzen zum Blühen oder Aussamen kommen können, lässt auf allen Wiesen die Blütenpflanzen verschwinden.
– Der Einsatz systemischer Pestizide, die über die ganze Vegetationsdauer in Pflanzen vorhanden sind, führt zur Lebensunfähigkeit und damit mittelbar auch zum Tod nahezu aller Insektenarten.
– Die Umwandlung von vormals naturnahen Wiesen in Intensivgrünland, auf dem nur noch Weidelgrashybriden wachsen, vernichtet einen Großteil unserer Wiesenpflanzen.
– Übermäßiger Einsatz von Düngemitteln aus Tier-Intensivhaltung und von chemischen Düngemitteln führt zu einer Flutung der gesamten Natur und des Wassers mit Stickstoff- und Phosphat-Verbindungen. Bis zu 80 kg Stickstoff pro Hektar allein aus der Luft wurden schon gemessen.
– Flächenzusammenlegung zerstört das kleinteilige Mosaik unterschiedlicher Nutzungen und lässt die Rain- und Rand-Biotope verschwinden.
Die Folgen „moderner“ Landwirtschaft
– 80 % Rückgang bei Fluginsekten wurden in Naturschutzgebieten gemessen
– 40 % Rückgang bei Vögeln
– 40 % der Pflanzenarten stehen in den Bundesländern auf den Roten Listen der bedrohten Arten, viele gibt es nur noch, weil sie in Naturschutzgebieten mit viel Aufwand am Leben erhalten werden
– noch viel größer ist vermutlich der Verlust bei den Kleinlebewesen im Boden, die entscheidenden Anteil an der Bodenbildung haben, so dass die anderen Lebewesen vom Boden und auf dem Boden leben können.
Die „industrialisierte“ Landwirtschaft macht nicht nur den Bauern das Leben schwer, sie zerstört die Lebensgrundlagen aller Lebewesen, am Ende auch unsere eigenen.
Bio-Landwirtschaft                                                                     
Auch die Bio-Landwirtschaft leidet wie die konventionelle Landwirtschaft unter dem Druck, immer mehr Mengen zu produzieren, zu vergrößern, höhere Leistungen aus Flächen und Tieren herauszuholen, um am Markt überleben zu können.
Sie kann für uns und die Natur, zu der wir gehören, nur wertvoll sein, wenn sie auch naturnah wirtschaftet.
Das heißt, nicht nur
– der Verzicht auf Gifteinsatz und chemische Düngemittel,
sondern auch
– keine Silagewirtschaft, keine Hochleistungstierzucht und -haltung.
Gibt es einen Ausweg?
Wir können die Natur nicht auf dem Rücken der Landwirte retten.
Das geht nur, wenn wir den Landwirten für naturfreundliches Wirtschaften ein Einkommen garantieren, das besser ist als das Einkommen aus einer naturzerstörenden Landwirtschaft.
Wir alle, unsere Gesellschaft, nicht der Landwirt, tragen die Verantwortung dafür, dass die Natur, unsere Lebensgrundlage zerstört wird.

Text: Hubert Sumser